Deep Stretch - Methode für besseres Muskelwachstum
Unter Deep Stretch beim Krafttraining versteht man übersetzt eine „tiefe“, intensive Dehnung des Muskels während der Bewegungsausführung einer Kraftübung.
Es bedeutet, dass man bei den Krafttrainingsübungen den Muskel bei jeder Wiederholung in eine intensive Dehnung führt. Also die volle „Range of Motion“ (den vollen Bewegungsumfang des Muskels) ausnutzt und in der Position, in der der jeweilige Muskel bei einer Übung die intensivste Dehnung hat, einen Augenblick verweilt.
Als Beispiel nehmen wir kurz die Brustpresse oder das Bankdrücken. Wenn man die Gewichte bei dieser Übung herunterlässt, also die Ellenbogen nach unten (Bankdrücken), bzw. hinten (Brustpresse) führt so weit wie es geht, dann ist die Brustmuskulatur in der Endposition in einer intensiven Dehnung. Diese Dehnung wird dann für eine kurze Zeit gehalten, bevor man die Gewichte wieder nach oben (Bankdrücken), bzw. vorne (Brustpresse) drückt.
Studien beweisen, dass durch diese Technik im Vergleich zu einer Bewegungsausführung ohne intensive Dehnung, ein bis zu 15 % besserer Muskelaufbau erzielt wird.
Jetzt könnte man daraus natürlich schlussfolgern: „Hey super der Muskel wächst auch durch Dehnung. Dann lasse ich das Krafttraining einfach weg und dehne mich nur noch!“ So einfach ist es dann jedoch doch nicht.
Es stimmt zwar das man auch durch Dehnung Muskeln aufbauen kann. Sogar vergleichsweise im selben Maße wie durch Krafttraining. Allerdings muss ein Muskel dafür sehr lange (wir sprechen hier von Stunden und nicht etwa Minuten) und einer sehr hohen Intensität (auf einer Schmerzskala von 1-10, wobei 10 der größte Schmerz ist, immer im Bereich 9-10) gedehnt werden.
Also vergessen wir lieber diesen Weg und konzentrieren uns wieder auf das Krafttraining zum Muskelaufbau.
Also ausschließliches Dehnen ist keine Option, aber bei jeder Übung, die ihr durchführt, nur in die Dehnung zu gehen hilft auch nicht, um sich die 15% höhere Effektivität zu krallen.
Der entscheidende Punkt ist, dass der Muskel in der gedehnten Position auch unter Belastung stehen muss!!
Als Beispiel vergleichen wir einmal Bankdrücken mit Kurzhanteln für die Brust und Bizepscurls mit Kurzhanteln im Stehen.
Beim Bankdrücken lastet in der gedehnten Position (Ellenbogen ganz unten und die Kurzhanteln auf Höhe der Brust oder sogar tiefer) das volle Gewicht auf der Brustmuskulatur. Das ist also eine optimale Übung, um den erwünschten Effekt zu erzielen.
Bizepscurls im Stehen mit Kurzhanteln eignen jedoch kaum dafür. Der Muskel ist zwar, wenn die Arme gestreckt zum Boden zeigen, in der gedehnten Position aber die Last des Gewichtes lastet in dieser Position nicht auf dem Bizeps, sondern das Gewicht „hängt einfach nur runter“.
Ändert man jetzt aber die Variante der Bizepscurls, indem man z.B. Preacher Curls mit den Oberarmen auf einer schrägen Bank abgelegt durchführt, so kann man den „Deep Stretch Effekt“ wieder für sich nutzen. Weil die Oberarme jetzt in einem gewissen Winkel schräg zum Boden zeigen und nicht mehr gerade runter wie bei den stehenden Bizepscurls, muss der Bizeps in seiner gedehnten Position wieder gegen das Gewicht der Kurzhantel arbeiten und steht in seiner gedehnten Position unter Belastung. Voila, schon habe ich durch einen einfachen Übungswechsel ein effektiveres Training erhalten.
Die höhere Effektivität ist aber nicht der einzige Vorteil dieser Trainingsmethode.
Dadurch, dass man bei den Übungen immer in eine tiefe, intensive Dehnposition geht, wird logischerweise die Beweglichkeit der entsprechenden Muskelgruppen verbessert. Also Beweglichkeitstraining und Krafttraining in einem Abwasch erledigt!
Außerdem verringert man die Verletzungsgefahr beim Training. Erstens dadurch, dass bei dieser Trainingsmethode geringere Gewichte verwendet werden müssen, weil durch die gedehnte Position und das kurze Halten in dieser Position weniger Kraft aufgewendet werden kann. So verringert sich die Belastung auf die Sehnen, Bänder und Gelenke.
Zweitens ist der verletzungsintensivste Abschnitt einer Kraftübung derjenige, wo man aus der nachlassenden (exzentrischen) Bewegung in die überwindende (konzentrische) Bewegung übergeht. Geschieht dies nun auch noch mit viel Gewicht schnell und mit Schwung, so baut sich eine extreme Belastung für Muskeln, Bänder, Sehnen und Gelenke auf, die auch zu Verletzungen führen kann. Da bei der Deep Stretch Methode diese Phase sehr langsam, ohne Schwung und sogar mit einer kleinen Pause durchgeführt wird, ist diese Überlastungsrisiko drastisch geringer.
Der letzte Vorteil liegt darin, dass der Körper durch diese Trainingsmethode auch darauf trainiert wird in diesen extremen Dehnpositionen trotzdem sehr viel Kraft aufwenden zu können. Dies kommt euch zum einen bei Sportarten, zum anderen aber auch im Alltag und bei der Sturzprophylaxe zugute.
Im Alltag, bei Spielsportarten oder wenn ihr zum Beispiel ausrutscht dann seid ihr nicht in einem kontrollierten Bewegungsablauf oder in einem bestimmten begrenzten Bewegungsradius, sondern oft in extremen Positionen. Aus diesen kommt ihr aber nur verletzungsfrei und effektiv wieder heraus, wenn ihr zum einen beweglich genug seid, um überhaupt verletzungsfrei in diese Position zu gelangen und dann in dieser extremen Position auch die Kraft aufwenden könnt, um dort wieder heraus zu kommen. Und genau das bietet euch ein Training nach der Deep Stretch Methode.
Wie wendet ihr diese Methode aber jetzt am besten an?
- Ihr sucht euch für euer Training Übungen heraus, in denen der zu trainierende Muskel in eine maximale Dehnposition gelangen kann und dort auch unter Belastung steht
- Ihr führt die nachlassende (exzentrische) Phase der Bewegung immer sehr langsam und kontrolliert durch, bis ihr die maximale Dehnposition erreicht habt.
- In dieser Position haltet ihr 1-2 Sekunden die Dehnung
- Dann führt ihr die überwindende (konzentrische) Phase der Übung kraftvoll, dynamisch (man könnte auch in gewisser Weise sagen schnell) durch
- Nun wiederholt ihr das für alle Wiederholungen, die ihr in diesem Satz macht
Zum Schluss ist noch wichtig zu erwähnen, dass die maximale Dehnposition sich für euch noch gut anfühlen muss. Ihr dürft diesen speziellen Dehnschmerz in der Muskulatur fühlen (ich glaube jeder von euch weiß, was ich meine) aber ihr solltet sonst keine Schmerzen in dieser Position haben oder das Gefühl, das der Schmerz doch irgendwie aus dem Gelenk, etc. kommt.
Also dann ran an die Gewichte und probiert diese Methode einmal aus. Vielleicht kann sie euer Training ja auch auf ein neues Level bringen. Solltet ihr noch Fragen haben oder bei der Übungsauswahl unsicher sein, dann sprecht uns im Studio darauf an und wir helfen euch gerne weiter!